Freitag, 11. Mai 2012

haben's attraktive Menschen leichter?

Gestern Mittag gehe ich über den Naschmarkt um mir etwas zu essen zu suchen. Zu meinem Erschrecken hat mein Lieblings-Falaffel-Mann geschlossen. Auf der Suche nach einem neuen spaziere ich also zwischen den Ständen entlang. Die Verkäufer sind bereits voll in ihrem Marktgeschrei aufgegangen, viele rufen mir nach, dass sie die besten Oliven, Humus oder sonst was haben. Einer war anders - er meinte "diese hübsche Dame kostet jetzt meine Falaffel". Normalerweise gehe ich bei so etwas gleich weiter, da ich aber tatsächlich Guster auf diese kleinen Kichererbesenbällchen hatte, blieb ich stehen. Er reichte mir eine mit Liebe in Humus getauchte Falafel, die echt gut war ... wir plaudern kurz, ich erkläre ihm, wenn er sie mir in einen Wrap mit Käse und Salat einbaut, kaufe ich ihm welche ab. Da er selbst so etwas nicht hat, aber der Stand gegenüber geht er mit mir hinüber, spricht mit dem andern Verkäufer kurz und dieser baut mir sogleich den perfekten Falafelwrap zusammen - inklusive seinem leckersten Schafskäse und "mit ganz viel Liebe".

Am Weg zurück ins Büro beginne ich zu grübeln. Das war bei weitem nicht die erste Situation, in diese Richtung. So was kommt immer wieder vor, aber würde mir so etwas noch immer passieren, wenn ich 50kg mehr hätte? Haben es attraktivere/hübschere Menschen leichter? Kann ich als Mädchen bei Männern mehr erreichen, als ein männlicher Kollege?

Je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass es so ist. Ob in der Arbeit, auf der HTL und Uni oder beim Einkaufen, sobald man für das Gegenüber attraktiv ist, wird man besser behandelt. Irgendwie ist es ziemlich unfair und oberflächlich Leute nach ihrem Äußeren zu beurteilen und dennoch tun wir alle es.

Ich als Mädchen kann einiges bei Männern erreichen, wo es meine männlichen Kollegen etwas schwieriger haben. Wie ist es umgekehrt, wenn eine Frau das Gegenüber ist? Ich fühle mich dennoch gerecht behandelt. Auf der Uni haben es meine Kollegen bei weiblichen Vortragenden genauso schwer, wie ich.

So nett diese Situationen manchmal sein mögen, so schwierig machen sie es im professionellen Umfeld. Als Technikerin habe ich es schwerer wirklich ernstgenommen zu werden für das, was ich kann. Ich muss mich immer doppelt profilieren, in Situationen, in denen meine männlichen Kollegen einfach standardmäßig als Techniker akzeptiert werden.

Hätte ich es da einfacher, wenn ich richtig nerdig aussehen würde, wie eine typische Klischee-Technikerin mit kurzen Haaren, etwas stärker, Brille und ungeschminkt, die niemals hohe Schuhe tragen würde?

Oh Mann,  je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Situationen fallen mir ein ... das Leben treibt seltsame Blüten ...

2 Kommentare:

  1. Ich glaube, um ein Verständnis für diesen Themenkomplex zu bekommen, ist es nützlich zumindest 2 Dimensionen zu betrachten, einerseits die bewussten und andererseits die unbewussten Anteile.

    1) Der unbewusste Anteil

    Die Frage nach Attraktivität kann man einerseits nach biologischen Mustern betrachten. Mein Onkel hat mir als Junge den in den 90ern noch beliebten Begriff 90/60/90 so erklärt: "Bei der Partnerwahl schaust Du als Mann evolutionär begingt auf 3 visuelle Merkmale: Die Brüste müssen vorhanden sein, damit die Frau genügend Milch für die Ernährung Deines Kindes speichern kann; die Hüfte muss schmal sein, damit Du siehst, dass sie noch kein Kind in sich trägt; und das Becken muss groß genug sein, dass das Kind leicht durchpasst bei der Geburt."

    Ein sehr häufig nützliches Werkzeug zur Beantwortung von "Warum sind (alle) Menschen so und so" ist häufig der "Evolutions-Test": Warum hat sich ein Mensch mit diesem Persönlichkeitszug gegenüber einem anderen Menschen ohne diesem Zug evolutionär durchgesetzt? Als Beispiel: Eifersucht. Welcher Mann wird sich eher fortpflanzen und evolutionär überleben? Einer, der eifersüchtig wird, wenn "seine" Frau mit einem anderen Mann rumhängt; oder einer, der es nicht wird...

    Auf unser Beispiel bezogen: Eine Frau mit gewissen Merkmalen (körperliche Proportionen, gesund, soziale Kompetenz) pflanzt sich eher fort als eine andere. Andererseits kann ein Mann, der auf diese Merkmale achtet und eben dieser Frau mehr Beachtung schenkt als einer weniger Bevorteilten ebenfalls potentere Nachkommen in die Welt setzen. Du kannst die Geschlechterrollen auch umdrehen und mit dieser Frage untersuchen.

    AntwortenLöschen
  2. 2) Der bewusste Anteil

    Unser Bewusstsein kann uns helfen, komplexere Sachverhalte so runterzubrechen, dass wir dadurch noch besser über unsere Umwelt Bescheid wissen, um mit unseren unbewussten Anteilen darin für passendes Überleben zu sorgen.

    Genau in Deinem Körper könnte auch eine Frau mit weniger selbstbewussten Merkmalen stecken. Wie würde sich die dann anders geben? Sie würde sich weniger mit der Umwelt beschäftigen beschäftigen können als mit sich selbst und sich dadurch weniger attraktiv (attract = anziehen -> Aufmerksamkeit anziehen) präsentieren. Und dazu gehören alle Dinge wie soziales Verhalten, Selbstverständnis, Lebensplan, Körperpflege usw...

    Nicht nur Dein Aussehen macht Dich attraktiv sondern auch Dein Charakter. Alpha-Tiere pflanzen sich häufiger fort, und der Alpha-Anteil wird eben auch durch den Charakter definiert.

    Du fragst: "Hab ich es als attraktiver Mensch leichter?" Du kannst auch fragen "Warum habe ich es leichter?". So wirst Du neben Deinen körperlichen Merkmalen auch auf viele charakterliche Merkmale stoßen, die Du an Dir magst und die Dich zu einem besseren (und attraktiveren) Mitmenschen machen. Oder wenn wirs noch ein bisschen tiefer bringen: Dein biologischer Auftrag ist, zu überleben und Dich fortzupflanzen (continued survival) also kannst Du Dich fragen: “Welche Maßnahmen habe ich getroffen, um meinen biologischen Auftrag zu erfüllen?”

    Das klingt auf der einen Seite animalisch und unfair, weil dadurch die “Schwachen” aussortiert werden und die “Starken” überleben. Aber nur dadurch kannst Du es Deinen Millionen Vorfahren danken, dass sie das alle getan haben, da Du so in diese Existenz treten konntest. Andererseits wirst Du selbst bemerkt haben, dass mit Deiner geistigen Reifung auch Deine Fähigkeit steigt, ethische Bewertungen zu treffen, die für eine insgesamt bessere Situation in Deiner Umwelt sorgen. Du lernst also, gerechter zu werden, für Fairness zu sorgen. Und mit dieser Fähigkeit kommt bei einigen Menschen auch die Erkenntnis durch, dass Du alles hast, was Du zu überleben brauchst, Du in einer Welt voller Luxus und Wunder lebst, das größte Geschenk schon bekommen hast und nur noch zu leben brauchst. Für alles andere ist gesorgt. Andere müssen dazu erst Nahtoderfahrungen machen, um den Tag voll zu leben lernen. Und mit dieser Reifung kommt auch die Fähigkeit, Konkurrenzverhalten genau auf das Maß zu bringen, dass für Dein gutes Überleben und Vorankommen notwendig ist.

    Und mit diesem Verständnis kannst Du Dich der Welt in Deiner Schönheit zeigen und sagen: “Seht her... und lasst Euch ansehen!” =)

    AntwortenLöschen